Abgeltungssteuer. Hier die wichtigsten Fragen dazu im Überblick:
Bekommen Kleinanleger zuviel bezahlte Steuern zurück?
Wer weniger als 25 Prozent berappen muss, gibt eine Steuererklärung ab und bekommt die zu viel gezahlte Abgeltungssteuer zurück.
Der Abgeltungssteuersatz beträgt 25 Prozent. Entspricht das der tatsächlichen Belastung?
Ohne Kirchensteuer beträgt die endgültige Abgabenquote 25 Prozent plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag. Macht zusammen 26,375 Prozent. Da die Kirchensteuer nicht mehr als Sonderausgabe abgezogen werden kann, wird die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer ermäßigt. Am Ende beträgt die Gesamtbelastung bei acht Prozent Kirchensteuersatz 27,82 Prozent, bei neun Prozent Kirchensteuer 27,99 Prozent.
Sind nie mehr Steuererklärungen für Kapitaleinkünfte notwendig?
Doch. Fallen etwa Kapitalerträge in Auslandsdepots an oder thesaurieren ausländische Fonds in deutschen Depots Zinsen oder Dividenden, ist eine Steuererklärung fällig. Das gilt oft auch bei der Verrechnung von Verlusten.
Gibt es auch nach 2008 noch Freistellungsaufträge?
In Höhe des Sparerfreibetrages von 801 Euro pro Person – 1602 bei Ehepaaren – können Anleger wie gewohnt einen Freistellungsauftrag bei Ihrer Depotbank erteilen. So fällt bis zu Kapitalerträgen in dieser Höhe keine Abgeltungssteuer an. Bereits bestehende Freistellungsaufträge gelten über den 1. Januar 2009 hinaus.
Was wird aus der Nichtveranlagungsbescheinigung?
Auch die behält ihre Bedeutung. Mit ihr lässt sich die Auszahlung von Kapitalerträgen ohne Abzug der Abgeltungssteuer erreichen. NV-Bescheinigungen bekommen Sparer, wenn ihr Wohnsitz in Deutschland liegt und anzunehmen ist, dass sie nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Mit der Abgeltungssteuer gilt die Belastung der Kapitaleinkünfte als abgegolten. Die Überschüsse aus Aktien und Anleihen erhöhen nicht mehr das übrige Einkommen. Welchen Vorteil hat das?
Durchschnitts- und Grenzsteuersatz sinken. Beispiel: Beträgt das zu versteuernde Einkommen eines zusammen veranlagten Ehepaares 100.000 Euro und der Zinsanteil daran 50.000 Euro, dann zahlt das Paar bisher 27.632,56 Euro Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag pro Jahr. Die Durchschnittsbelastung beträgt 27,63 Prozent, die Grenzbelastung des nächsten Zins-Euro beträgt 41,02 Prozent. Ab 2009 sinkt das zu versteuernde Einkommen dank Abgeltungsteuer auf 50.000 Euro. Auf die Einkommensteuer entfallen dann 8.542 Euro, auf den Solidaritätszuschlag 469,81 Euro und auf die Abgeltungssteuer inklusive Solidaritätszuschlag 13.187,50 Euro. Macht zusammen 22.199,31 Euro. Das Paar erspart sich mithin ab 2009 satte 5.433,25 Euro an Steuerzahlungen.
Wer verantwortet den Einzug der Kirchensteuer?
Wie die Abgeltungsteuer kann auch die Kirchensteuer bereits an der Quelle, also durch die Depotbank, erhoben werden. Dazu muss der Anleger einen schriftlichen Antrag auf Einbehalt der Kirchensteuer bei seiner Bank einreichen und darin seine Religionszugehörigkeit angeben. Die Bank führt dann die einzubehaltende Kirchensteuer ab. Stellt. Der Anleger keinen Antrag, wird das Finanzamt eine spezielle Veranlagung zur Kirchensteuer durchführen.
Wie funktioniert der Steuerabzug bei thesaurierenden Fonds?
Die Belastung mit Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag erfolgt bei thesaurierenden Fonds aus dem Investmentfonds heraus. Nur die Erhebung der Kirchensteuer kann nicht auf diese Art erfolgen, da sie von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich hoch ist. Somit sind kirchensteuerpflichtige Anleger mit thesaurierenden Fonds jeweils Veranlagungsfälle.
Lassen sich Kreditzinsen aus der Finanzierung von Aktien oder Anleihen weiterhin absetzen?
Wer auf Aktien spekuliert, darf seine Finanzierungskosten ab 2009 nicht mehr von Dividenden und Zinsen abziehen.
Lassen sich Verluste absetzen?
Ab 2009 gelten neue Regeln. Realisierte Verluste aus Wertpapieren (wie Aktienfonds und –zertifikate, nicht aber Aktien), die nach dem 31. Dezember 2008 erworben werden, lassen sich künftig lediglich mit positiven Einkünften aus anderem Kapitalvermögen verrechnen. Dazu zählen neben Kursgewinnen auch Zinsen und Dividenden. Eine Verrechnung mit anderen Einkunftsarten wie etwa Mieten ist nicht mehr möglich. Nicht ausgeglichene Verluste können nur noch in künftige Jahre vorgetragen werden, ein Verlustrücktrag ist nicht mehr möglich. Die Verlustverrechnung erledigt die Depotbank mit Hilfe von Verlustverrechnungstöpfen. Eine optimale Verlustnutzung gelingt nur, wenn Gewinne und Verluste bei derselben Bank anfallen. Bei mehreren Banken ist eine Veranlagung notwendig.
Gilt das auch für Verluste aus Aktiengeschäften?
Nein. Verluste aus Aktienverkäufen dürfen Anleger künftig nur noch mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnen. Eine Verrechnung mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen oder anderen Einkunftsarten ist nicht möglich. „Riskante Aktiengeschäfte sollten deshalb nicht unmittelbar, sondern über Derivate oder Aktienzertifikate vorgenommen werden, um im Verlustfall eine uneingeschränkte Verrechnung vornehmen zu können“, rät Peter Fabry von der Rölfs RP Steuerberatungsgesellschaft. Zur Abwicklung der eingeschränkten Verlustverrechnungsmöglichkeit bilden die Depotbanken ab 2009 neben dem allgemeinen (siehe Frage zuvor) einen zweiten Verlustverrechnungstopf. Zu beachten ist auch: Nicht ausgeglichene Verluste können nur noch in künftige Jahre vorgetragen werden. Ein Verlustrücktrag darf nicht mehr erfolgen.
Was passiert mit Altverlusten?
Für negative Stückzinsen, die Anleger bis Ende 2008 realisieren, bleibt die alte Regelung erhalten. Sie können weiterhin uneingeschränkt mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten verrechnet und unbegrenzt vorgetragen bzw. ein Jahr zurückgetragen werden. Verluste aus Spekulationsgeschäften (Haltedauer weniger als zwölf Monate)) können dagegen nur für eine fünfjährige Übergangszeit bis 2013 mit künftigen Kursgewinnen saldiert werden. Eine Verrechnung mit laufenden Erträgen aus Kapitalvermögen wie Zinsen und Dividenden ist nicht möglich. Nach dem Jahr 2013 lassen sich verbleibende Spekulationsverluste nur noch mit Gewinnen aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die nicht zu Kapitaleinkünften führen und damit nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, zeitlich unbegrenzt verrechnen. Dazu zählen beispielsweise Immobilien, Edelmetalle, Devisen sowie Kunstgegenstände.
Warum ist ein Zweitdepot bei der Hausbank sinnvoll?
Bei der Veräußerung von Wertpapieren gilt die Fifo-Methode (first in – first out). Mit der Abgeltungsteuer bekommt die Regel eine größere Bedeutung. Da die zuerst angeschafften Wertpapiere steuerlich als zuerst veräußert gelten, kann der Bestandsschutz schnell verloren gehen, wenn ein Anleger vor dem 31. Dezember 2008 erworbene Papiere nach dem 1. Januar aufstockt. Um zu verhindern, dass bei einem Teilverkauf die zuerst angeschafften Papiere als verkauft gelten, sollten Anleger für alle Käufe nach dem 31. Dezember 2008 ein zweites Depot bei Ihrer Bank eröffnen. So können sie Verkäufe gezielt aus diesem Depot tätigen und die Altbestände mit Bestandsschutz schonen.
Wie wirken sich Bankwechsel in Zukunft aus?
Der Bestandsschutz für vor 2009 angeschaffte Wertpapiere bleibt erhalten. Erfolgt der Bankwechsel noch in diesem Jahr, erkennt das neue Institut automatisch, dass es sich um einen Altbestand handelt. Ab 2009 muss die übertragende Bank neben den Wertpapieren auch die Kaufdaten weiterleiten. So erkennt das neue Institut den Kaufkurs und einen möglichen Bestandsschutz.
Bleibt der Bestandsschutz auch bei Schenkungen und im Erbfall erhalten?
Verstirbt ein Bankkunde, gilt der Wertpapierübertrag auf die Erben nicht als Verkauf. Die Nachkommen erben also die alten Kaufdaten mit. Sie kommen mithin auch in den Genuss des Bestandsschutzes auf Altfälle. Bei Schenkungen unterstellt die Bank einen Verkauf. Folglich droht Abgeltungsteuer. Die vermeidet der Schenker, indem er seiner Bank die Schenkung meldet. Dann treten dieselben Folgen wie im Erbfall ein. Komplett anders als heute ist die Regel, dass die Bank verpflichtet ist, die Erklärung des Kunden an das Finanzamt weiterzuleiten. Das kann dann leicht prüfen, ob die Wertpapierübertragung Schenkungsteuer auslöst.
Macht die Strategie „Kaufen und liegenlassen“ (buy and hold) wieder Sinn, um möglichst lange den Bestandsschutz zu erhalten?
Ja, denn für alle vor 2009 abgeschafften Aktien und Aktienfonds gilt bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, dass realisierte Kursgewinne nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei bleiben. Wer sich die Abgeltungssteuer spart, hat später deutlich mehr auf seinem Konto als Spätzünder, die erst nach Ablauf des Bestandsschutzes ordern. Das bestätigten Berechnungen von Frank-Peter-Hopp, Lehrbeauftragter für Finanzmanagement an der Hochschule Darmstadt. Er unterstellt für den deutschen Aktienmarkt eine nominale Durchschnittsrendite je Jahr in Höhe von 8,6 Prozent, dem Durchschnitt der Jahr e1955 bis 2007. Bei einer Wiederholung wächst eine Investition von 50.000 Euro nach 20 Jahren auf stattliche 260.355 Euro. Der Anteil des zu versteuernden Kursgewinns daran beträgt 210.355 Euro. Wird die Investition spätestens am 29. Dezember 2008 getätigt, bleibt der Kursgewinn steuerfrei, solange der Anleger seine Papiere im Depot liegen lässt. Fällt die Kaufentscheidung vier Tage später, am 2 Januar 2009, fallen bei Verkauf etwas mehr als 52.000 Euro Abgeltungsteuer an. Rechtzeitig kaufen und lange liegenlassen erscheint aus Steuersicht in diesem Jahr als idealer Schachzug gegen den Zugriff des Fiskus. Für die Umsetzung einer „Buy-and-hold-Strategie“ empfiehlt Hopp aktiv gemanagte Investmentfonds oder ETF’s, die passiv einen Index abbilden und über die Börse ohne Ausgabeaufschlag gekauft werden können.
Bis zum Jahresende werden noch viele neue Dach- und Mischfonds aufgelegt. Sie gelten als besonders abgeltungssteueroptimiert, weil sie auch nach dem 1. Januar 2009 steuerunschädlich zwischen Aktien, Anleihen und anderen Anlageformen umschichten können. Worauf ist zuachten?
Es besteht die Gefahr, dass die Initiatoren ihre jetzt überhastet aufgelegten Steuersparprodukte mangels Masse schon in wenigen Jahren wieder auflösen oder mit einem anderen Fonds zusammenlegen müssen. Dann geht der Bestandschutz verloren. Bei der Neuanlage wären realisierte Kursgewinne steuerpflichtig. Besser eignen sich für einen langfristigen Schutz vor der Gewinnsteuer oft alt gediente Flaggschiffe mit bereits stattlichem Fondsvolumen.
Profitieren Finanzinnovationen, deren Kursgewinne bisher stets steuerpflichtig sind?
Ihr größtes Problem bisher: Mal sind Wertpapiere – wie etwa Floater oder Hybridanleihen – Finanzinnovationen, dann wieder nicht. Bei Käufen 2009 erübrigen sich Unterscheidungen: Kursgewinne aller Wertpapiere sind steuerpflichtig, mit 25 Prozent statt mit dem persönlichen Einkommensteuersatz.
Lässt sich mit Offenen Immobilienfonds der Finanzminister legal austricksen?
Bei Immobilien gilt weiterhin die zehnjährige Spekulationsfrist. Verkauft der Fonds also danach ein Objekt mit Gewinn und schüttest diesen aus, fällt keine Abgeltungsteuer an. Wird der Erlös allerdings thesauriert und erhöht so den Anteilspreis des Fonds, hängen die Steuerfolgen beim Fondsverkauf vom Anschaffungszeitpunkt ab: - Stammen Fonds aus Zeiten vor dem 1. Januar 2009, gelten sie als Altfälle und Gewinne bleiben abgeltungsteuerfrei. – Stammen sie aus Käufen nach 2008, fällt auf den realisierten Kursgewinn die Abgeltungsteuer an. Vorteilhaft für jeden Anleger, die unter höheren Abgabenlasten als 25 Prozent leiden, ist auch, dass Mieterträge aus inländischen Immobilien bei Zufluss ab 2009 der 25-prozentigen Abgeltungsteuer unterliegen. Immobilien-Direkteigentümer müssen Mietüberschüsse mit ihrem meist höheren persönlichen Steuersatz versteuern.
Bieten Offene Immobilienfonds mit Auslandsimmobilien mehr Vorteile?
Ausländische, nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf von Auslandsimmobilien kassieren die Eigner Offener Immobilienfonds steuerfrei. Mithin haben potenzielle Käufer kein Eile wegen des auslaufenden Bestandsschutzes: Bei Offenen Immobilienfonds könne realisierte Kursgewinne auch bei Käufen nach dem 31. Dezember 2008 steuerfrei sein, wenn der Fonds seinen Investitionsschwerpunkt im Ausland hat. Weiterer Vorteil ab 2009: Der bisherige Progressionsvorbehalt entfällt.
Funktioniert die Abgeltungsteuer-Vermeidungs-Strategie auch mit Geschlossenen Immobilienfonds?
Geschlossene Fonds mit Inlandsimmobilienprofitieren von der auch nach 2008 weiterhin geltenden zehenjährigen Spekulationsfrist. Gewinne aus Objektverkäufen streichen die Fondseigner nach Ablauf der Frist also steuerfrei ein. Allerdings unterliegen die Erträge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht der Abgeltungsteuer, sondern dem meist höheren persönlichen Steuersatz. Auch ändert die Abgeltungsteuer nichts am Vorteil von Auslandsimmobilien, dass sie nach dem am Standort gültigen Gesetzen besteuert werden. Die bieten oft hohe Freibeträge, die Mietüberschüsse vor dem Zugriff des Auslandsfiskus schützen, sowie niedrigere Eingangssteuersätze als in Deutschland. Auslandsimmobilienfonds zählen daher zu den Profiteueren der Neuregelung.
Schifffonds zählen zu den Gewinnern der Reform. Warum?
Bei Ihnen entscheidet weiterhin ausschließlich die günstige Tonnagesteuer über die Abgabenbelastung. Sie wird pauschal nach der Größe des Schiffes ermittelt und fälltunabhängig davon an, ob es Gewinne oder Verluste einfährt. Die Tonnagesteuer macht nur 0,1 bis 0,2 Prozent der Beteiligungshöhe aus. Wenn also ein Anleger 100.000 Euro in einen Schifffonds investiert, bitte ihn der Fiskus jährlich mit etwa 100 bis 200 Euro zur Kasse. Mit der Ministeuer ist auch gleich der mögliche Gewinn aus dem späteren Schiffverkauf abgegolten. Bei so vielen Vorteilen dürfte mancher frustrierte Aktionär aufgelöste Aktienbestände in Geschlossene Fonds umschichten. „Es ist aus Steuersicht doch nahe liegend, sich statt Aktien aus der Logistikbranche mal einen Schifffonds genauer anzusehen“, sagt Steuerberater Martin Führlein von der Kanzlei Rödl & Partner.
Quelle: FOCUS-MONEY 30/2008